| Streetfighterzrx VX-Lehrling
 
  
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 Beiträge: 54
 Wohnort: Ruhrpott
 
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				|  Verfasst am: So Jan 02, 2011 21:34:23    Titel: |   |  
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				|  	  | Tilo hat Folgendes geschrieben: |  	  | Kein VX und auch kein Schrauberschaden, aber vielleicht trotzdem interessant! 
 Wir haben jetzt schon einige Voraussetzungen behandelt, die man haben muss, um möglichst effektiv Sachen zu zerstören. Man muss zwingend über "Goldene Hände“ verfügen, es ist von ungeheuren Vorteil wenn man das richtige Männerwerkzeug und dazu möglichst unpassende Ersatzteile wie Klempner-Reduzierungen oder Wassermuffen hat. (An „Wassermuffen“ kann sich der Eine oder Andere sicherlich noch gut  erinnern) Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist ein fundamentiertes, theoretisches Halbwissen (siehe Steuerzeiten ESO). Außerdem  sollte man über große Kräfte verfügen. Zur Not geht hier aber auch bloße Gewalt.
 
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 Anbei eine Geschichte, einfach nur klasse:
 Der Homo Kann-ich-alleine!
 Gehören Sie etwa auch zu der ebenso genialen wie geplagten Spezies Mensch,
 die alle Gebrauchsanleitungen grundsätzlich ungelesen wegschmeißt?
 
 Diese Gattung des Homo Kann-ich-alleine folgt einem unwillkürlichen Impuls,
 wenn neue Sachen in Gebrauch genommen werden. Der Homo Kann-ich-alleine
 gehört nicht zu denen, die Verpackungen zartfühlend aufpulen, um das
 erworbene Gut danach mit chirurgischer Präzision freizulegen.
 Bei Ihm, werden die Verpackungen weggefetzt. Das erworbene Gut muß
 sofort in Betrieb genommen werden. Bei IKEA-Regalen führt das dazu,
 daß sie schief und futuristisch anmuten, ehe sie wieder in sich
 zusammenbrechen. Computer und Zubehör verweigern hingegen ebenso
 unspektakulär wie hartnäckig ihren Dienst.
 
 SCHEIßE, GEHT NICHT ist der erste Satz, den der Homo Kann-ich-alleine nach
 dem typischen WILL ICH HABEN über die Lippen bringt. Die Frustration
 über das Gerät, das frecherweise seinen Dienst verweigert, schlägt in
 hektische Betriebsamkeit um. Der Homo Kann-ich-alleine fummelt an allen
 Kabeln und Steckverbindungen herum und würdigt der Bedienungsanleitung
 keines Blickes. Denn es gilt: DAS GERÄT IST IMMER SCHULD, DER BENUTZER NIE!
 Wenn das störrische Ding, nehmen wir mal an, es handele sich um ein
 externes CD-ROM-Laufwerk, weiter streikt, tritt der Homo Kann-ich-alleine
 in die Bastelphase ein. Hier blüht er richtig auf. Jetzt gelten keine
 Gesetze mehr, jetzt wird radikal an allem manipuliert. Bei der
 Treibersoftware werden die Parameter verstellt, bis von den DÄMLICHEN
 Werkseinstellungen nichts mehr übrig ist. Dabei gilt, nie eine Sache
 nach der anderen verändern, sondern immer möglichst viele auf einmal.
 Das verhindert nicht nur eine planmäßige Fehlersuche, sondern garantiert
 auch, daß die lustvolle Bastelphase unendlich verlängert werden kann.
 
 UND DAS SCHÖNSTE BEI DIESER EXPERIMENTIERPHASE IST, DAß DAS HANDBUCH
 IMMER NOCH UNBERÜHRT IN DER ECKE LIEGEN BLEIBEN KANN.
 
 Wenn die Bastelei an der Software keinen Spaß mehr macht, weil nur
 merkwürdige Dinge geschehen, tritt der Homo Kann-ich-alleine in die
 Hardwarephase ein. Völlig unangetastet von Selbstzweifeln - er hat ja
 wirklich alles versucht - folgert der Homo Kann-ich-alleine messerscharf:
 
 WENN ES NICHT AN DER SOFTWARE LIEGT KANN NUR NOCH DIE HARDWARE SCHULD
 SEIN.
 
 Entschlossen greift er zum Schraubenzieher. Jetzt kann ihn nichts mehr
 aufhalten. Egal, ob die Garantieansprüche durch die Öffnung des Geräts
 erlöschen oder er unachtsam einen Schaden verursacht - jetzt muß er schrauben.
 Tiefenpsychologen gehen davon aus, daß es Menschen gibt, die erst dann das
 Gefühl haben, ein Gerät wirklich zu besitzen, wenn sie das nagelneue Stück
 selbst auseinandergenommen und es sodann, mehr schlecht als recht, wieder
 zusammengebaut haben. Wenn das Gehäuse abgenommen ist, überlaufen den Homo
 Kann-ich-alleine wohlige Schauer.
 
 ENDLICH LIEGT DAS ALLERHEILIGSTE VOR IHM.
 
 Mit archäologischer Vorsicht wird zunächst das Kabel-und Platinengewirr
 in Augenschein genommen. Wissend grummelt der Homo Kann-ich-alleine vor sich
 hin, wenn es ihm gelingt die Bedeutung der Bauteile zu enträtseln. Dann
 beginnt er einzelne Kabel beiseite zu schieben, um auch entlegenere
 Platinen betrachten zu können. Danach folgt die Zupfphase, in der hier und
 da an Bauteilen gezogen wird, um ihren Sitz zu prüfen. Wenn das nichts
 nützt, was es nie tut, aber keinen Homo Kann-ich-alleine je zum Verzicht auf
 dieses Ritual bewegen würde, beginnt der Ernst des Lebens. Nun müssen
 tiefgehende Eingriffe in das Gerät vorgenommen werden. Eine Operation
 am offenen Herzen sozusagen. Daß das Gerät eigentlich brandneu und
 funktionstüchtig war, als es Stunden zuvor gekauft wurde, ist längst vergessen.
 Es sieht auch nicht mehr so aus. SPEZIELL FÜR DIE PSYCHICHEN BEDÜRFNISSE
 DES Homo Kann-ich-alleine WURDEN DIE JUMPER ENTWICKELT. Kleine Steckerchen,
 die man am besten mit der Pinzette anfaßt, die aber so robust und idiotensicher
 sind, daß man damit keinen Schaden anrichten kann. Mit Jumpern hat man viel
 Spielfreude, besonders, wenn die Teilchen verschütt gehen. Hardwarehersteller
 mit einem Herz für den Homo Kann-ich-alleine gönnen ihm etliche Pins, die er
 mit dem Jumper verbinden kann. Wer zwei Jumper auf zwölf Pins zu verteilen hat,
 beschäftigt sich stundenlang mit den Kombinationsmöglichkeiten. Ist diese Phase
 nicht mit Erfolg gekrönt, gerät der Homo Kann-ich-alleine in eine existentielle
 Krise. Soll er doch zum Handbuch greifen? Alles in Ihm sträubt sich, doch was
 bleibt ihm übrig? Wiederwillig greift er zum Druckwerk. Aber geschlagen gibt
 er sich noch lange nicht. Es bleibt ihm eine letzte Möglichkeit, um seine
 Selbstachtung als autarker Computerbenutzer zu wahren: Sein Leseverhalten.
 
 Der Homo Kann-ich-alleine liest Handbücher nicht von vorne, sondern schlägt sie
 willkürlich auf, blättert herum und versucht sich ohne die Hilfe des
 Inhalts- oder Stichwortverzeichnisses eine Orientierung zu verschaffen.
 Irgendwann stößt er auf einen Passus, von dem er glaubt, daß der auf sein
 Problem zutrifft.
 
 Entscheident für den Glauben, daß ihm ausgerechnet dieser Tip weiterhilft,
 ist nicht die Plausibilität dieser Lösung, sondern vor allem, daß er selbst noch
 nicht auf die Idee gekommen ist. JETZT DROHT DIE SPONTANE PROBLEMLÖSUNG,
 was den Homo Kann-ich-alleine mit geknicktem Selbstbewußtsein zurücklassen würde.
 Glücklicherweise sind aber fast alle Handbücher so geschrieben, daß man
 nicht Gefahr läuft von Ihnen Hilfestellung zu erfahren. Entweder gehen die
 Autoren davon aus, daß man die Bücher von A bis Z liest, oder sie strotzen vor
 technischem Kauderwelsch, das in achtzig Prozent aller Handbücher steht.
 
 Das ist völlig egal, denn verstehen tut das ja eh keiner. Spätestens, wenn die
 Bedienungsanleitung nicht weiterhilft, folgt der Griff zum Telefonhörer.
 Ein Freund wird angerufen, der ebenfalls zur Gattung des Homo Kann-ich-alleine
 gehört und die Prozedur beginnt von vorne. Irgendwann kommt der Punkt, an dem
 alles wieder zusammengeschraubt und die Treibersoftware von neuem aufgespielt wird.
 Alles soll wieder so sein, als wäre das Gerät neu. Das ist die Stunde der
 tiefsten Verzweiflung des Homo Kann-ich-alleine. Er muß sich geschlagen geben.
 Umtauschen kann er das Gerät nach all den Operationen natürlich nicht mehr.
 
 DOCH IN DIESER STUNDE DER HÖCHSTEN NOT, WENN MAN SCHON ALLE HOFFNUNG HAT
 FAHRENLASSEN, GESCHEHEN ZEICHEN UND WUNDER.
 
 Der Homo Kann-ich-alleine entdeckt die fehlende Kabelverbindung, den
 unvollständigen Installationsvorgang oder den Knopf zum Anschalten.
 Seine ärgsten Feinde findet der Homo Kann-ich-alleine im Internet.
 Hier wird sein Problem schlicht geleugnet und mit einem Verweis auf die
 FAQs, die Frequently Asked Questions, gekontert.
 
 Coole brauchen nur vier Buchstaben, um den Homo Kann-ich-alleine seines
 Selbstbewußtseins zu berauben: RTFM - Read The Fucking Manual!
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 fortis cadere, cedere non potest
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